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Re: Übung für das Sehen der Leuchtstruktur (Mouches volantes)


DAS BEWUSSTSEIN SEHEN

Geschrieben von floco.tausin (at) bewusstsein.ws am 05. Juli 2004 17:32:13:

Als Antwort auf: Re: Übung für das Sehen der Leuchtstruktur (Mouches volantes) geschrieben von Folkert Nanninga am 15. Juni 2004 16:33:08:

Hallo Folkert

Vielen Dank für diese interessanten und informativen Texte. Diese Augenübung scheint bekannter und mehr erforscht zu sein, als ich vermutet hätte. Bemerkenswert sind vor allem die zwei Arten von Schielen (konvergierendes und divergierendes), die ich hier gerne näher erörtern würde:

Nestor hat mich diese Augenübung im Hinblick auf ein konkretes Ziel gelehrt: nämlich das Festhalten der Nachbilder und später auch der Mouches volantes. Sowohl die Nachbilder wie die Mouches volantes fliessen über unser Blickfeld, und es macht uns normalerweise Mühe, sie festzuhalten und zu sehen, was sie wirklich sind. Für den Seher Nestor ist das Doppeln (= konvergierendes Schielen bzw. Blick in die Nähe) die geeignete Methode, diese Mouches volantes festhalten zu lernen. Und dies deshalb, weil sie mit Konzentration und Wille einhergeht. Die andere Methode dagegen, das divergierende Schielen (od. Blick in die Ferne) verbindet Nestor mit Entspannung, mit Sich-Gehenlassen – also etwas, das sich für das erklärte Ziel nicht eignet.

Folkert, du hast zwei Texte geschickt. Der erste beschreibt die Meditation mit den Tafeln von Chartres, der zweite ist die Diskussion um die Gehirn-, bzw. Bewusstseinssynchronisation zwischen einem gewissen Gabor und seinen Schülern.
Im ersten Text, bei der Meditation mit den Tafeln von Chartres, scheint es sich um das divergierende Schielen zu handeln: Es setzt eine gewisse Entspannungsfähigkeit der Augen voraus und lässt das mittlere, überlagerte Bild näher erscheinen. Dieses Schielen wird durch den „weichen Blick“ ergänzt, ein „Nicht-vereinnehmenlassen“ der Aufmerksamkeit. Konkret bedeutet dies: man schielt, richtet den Blick auf das Mittelbild der Tafeln, versucht aber gleichzeitig offen für alle sensorischen Reize zu sein, ohne sich aber von ihnen vereinnahmen zu lassen.

Im zweiten Text wird die Übung mit den Tafeln von Chartres und der „weiche Blick“ im Rahmen der Gehirnsynchronisation diskutiert. Hier wird jetzt deutlich zwischen den zwei Arten von Schielen unterschieden, aber als gleichwertig betrachtet. Der Unterschied zwischen den beiden scheint, abgesehen von den verschiedenen Techniken, philosophisch und begrifflich zu sein:
„Aus dem weiten Schauen, wie es bei den Tiefenbildern meist üblich ist, geht der Blick in die Ferne, deshalb auch vom Menschen weg und in den Bereich des Unsagbaren. Im konvergenten Schielen dagegen geht der Blick in die Nähe, auf den Menschen zu, und deshalb in eine tiefe Schicht des Unbewussten. [...] Es ist die Regel, dass im weiten Blick schneller Ruhe aufkommt als im engen. Dafür kommt im engen Blick schneller die Trance auf.“

Immer geht es darum, durch den „magischen Blick“ eine Lateralität (Dominanz der einen Hirn-, bzw. Bewusstseinshälfte) auszugleichen und andere (höhere) Bewusstseinszustände herbeizuführen.

Ich habe mit dem Seher Nestor über diese zwei Arten von Schielen gesprochen. Beide Arten sind der Bewusstseinsentwicklung grundsätzlich förderlich und daher übenswert. Wie oben erwähnt, eignet sich für das Sehen der Mouches volantes aber nur das Doppeln (konvergierendes Schielen). Zudem machte Nestor auf einen Widerspruch im divergierenden Schielen aufmerksam. Für ihn läuft diese Art von Schielen auf eine willentliche Entspannung hinaus. Eine Entspannung kann aber nicht willentlich sein, denn jeder Wille bringt wieder eine Konzentration mit sich. Anders ausgedrückt: Durch die divergierende Methode versucht der Übende, bewusst in den Traum zu gehen (Entspannung). Dabei darf er aber nicht einschlafen, sondern muss bewusst bleiben. Um sich also nicht zu verlieren, braucht er ein einen „Anker“, an dem er sich festhalten kann, also diese überlagerte Figur. Dieses Festhalten ist aber wiederum eine Konzentration.
Die Konsequenz für Nestor liegt darin, dass wir uns bewusst und willentlich in körperlicher und geistiger Konzentration üben sollten, und dazu gehört unter anderem eben das konvergierende Schielen. Konzentration ist eine Anstrengung und Anstrengungen erhöhen den Energieumsatz in unserem Körper. Wenn wir aber mehr Energie haben, dann sind wir auch mehr fähig, uns mehr zu entspannen, ohne unbewusst zu werden. Nestor zufolge können wir Entspannung also nicht direkt, aber indirekt üben. Entspannung ist die Frucht unserer Anstrengungen.

Bezogen auf das Sehen der Mouches volantes bedeutet dies, dass wir versuchen, diese Punkte und Fäden zu konzentrieren, also näher zu ziehen und kleiner zu machen, um sie festhalten zu können. Dauerhaft näher kommen die Mouches volantes aber dann, wenn wir infolge unserer vermehrten Energie tiefer Entspannen können. Dies bedeutet für uns ein Fortschritt in der Bewusstseinsentwicklung, welcher sich direkt an diesen Punkten und Fäden ablesen lässt. Mit anderen Worten: Bewusstseinsveränderung findet nicht in erster Linie durch konvergierendes oder divergierendes Schielen statt, sondern durch die Erhöhung des eigenen Energieumsatzes.
Die Frage ist, ob konvergierendes und/oder divergierendes Schielen im Rahmen der Meditation allein, d.h. ohne begleitende Leibes- und Atemübungen, eine solche erhöhte Energie herbeiführen kann.


Gruss
Floco Tausin




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